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Psychische Belastungen

Immer wieder wird vermutet, dass Menschen mit Rückenbeschwerden charakteristische Persönlichkeits- bzw. Verhaltensmerkmale aufweisen, die die Entstehung von Rückenschmerzen begünstigen. Der Zusammenhang von Wirbelsäule und Psyche ist in der deutschen Sprache auch deutlich dokumentiert: "hartnäckig" oder "halsstarrig" sein, "jemanden das Kreuz brechen" bzw. "jemanden den Rücken freihalten" sind nur einige Beispiele. 


Rückenschmerzen stellen ein komplexes psychophysisches Geschehen dar. Zu den häufigsten Ursachen für eher schleichend beginnende Rückenschmerzen zählt eine lang anhaltende Anspannung der Rückenmuskulatur. Sie entsteht entweder durch biomechanische Belastungen, wie z. B. stundenlanges Sitzen in rückenbelastender Haltung oder durch seelische Belastungen ("Stress"). 


In der modernen Stressfoschung hat es sich als sinnvoll erwiesen, beim Begriff des "Stress" zwischen Stressoren, Stressreaktionen und Stressbewältigung (= "Coping") zu unterscheiden. Stressoren sind z. B. Lärm, Zeitdruck, (befürchtetes) Versagen in Leistungssituationen, Streitigkeiten in der Familie oder im Berufsleben. Diese Stressoren wirken aber nicht auf jeden Menschen auf gleiche Weise - es gibt keine Standardstressoren - sondern werden je nach individuellen Bewertungsprozessen unterschiedlich erlebt. Unter Stressreaktion versteht man die Verhaltensweisen, mit der eine Person auf einen Stressor reagiert. Die Stressreaktion kann auf der physiologischen Ebene (z. B. erhöhte Anspannung der paraspinalen Muskulatur), auf der kognitiv-emotionalen Ebene (Gefühl der Hilflosigkeit) oder auf der Verhaltensebene (Aggression) wirksam werden. Warum manche Menschen mit erhöhter, schmerzhafter Anspannung der paraspinalen Muskulatur reagieren, ist noch unklar. 


Auch Versuche zur Identifikation einer Rückenschmerzpersönlichkeit waren bislang wenig erfolgreich. In einigen Untersuchungen werden die Verhaltensdispositionen "hoher Leistungsanspruch", "übertriebene Hilfsbereitschaft, ohne selbst Unterstützung annehmen zu können" und "mangelnde Konfliktfähigkeit" als typisch für chronische Rückenschmerzpatienten apostrophiert. Psychosoziale Variablen sind nicht nur für die Entstehung, sondern vor allem auch bei der Aufrechterhaltung bzw. der Chronifizierung und in der Therapie von Rückenschmerzen von hoher Bedeutung.